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Der Unterschied zwischen enzymatischer Reinigung und HOCl-Desinfektion

In einer Zeit, in der Hygiene und Desinfektion wichtiger sind als je zuvor, wird verstärkt nach effektiveren Methoden zur Entfernung von organischen Verschmutzungen, Biofilmen und Mikroorganismen gesucht. Für Reinigung und Desinfektion gibt es verschiedene Methoden und Mittel, darunter die enzymatische Reinigung und die Desinfektion mit hypochloriger Säure (HOCl).

Wie genau funktionieren diese Methoden? Welche Vorteile bieten sie? Und wie verhalten sie sich zueinander?

 

Reinigung und Desinfektion

Bevor wir näher auf die verschiedenen Methoden eingehen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen Reinigen und Desinfizieren zu verstehen. Beim Reinigen werden Schmutz und organische Materialien entfernt, während das Desinfizieren schädliche Mikroorganismen unschädlich macht. Mehr zu diesem Unterschied finden Sie in einem früher veröffentlichten Blogbeitrag.

 

Enzymatische Reinigung

Wie der Name schon sagt, basiert die enzymatische Reinigung auf Enzymen. Dabei handelt es sich um Proteine, die bestimmte Substanzen abbauen oder umwandeln können. In Reinigungsmitteln werden verschiedene Enzyme eingesetzt, die jeweils eine spezifische Funktion haben. Eine häufig verwendete Enzymklasse sind Proteasen, die beim Abbau organischer Stoffe helfen. Diese Enzyme zersetzen Proteine, die einen großen Teil gängiger Schmutzpartikel ausmachen. Andere Enzymtypen können beispielsweise Fette oder Stärke abbauen [1].

Enzymreiniger sind keine Desinfektionsmittel, da Enzyme keine bakterientötende Wirkung haben [1]. Dennoch können sie einen Einfluss auf Biofilme haben. Biofilme bestehen aus Mikroorganismen und organischem Material, die eine komplexe Struktur bilden. Sie entstehen, wenn sich verschiedene Mikroorganismen an eine Oberfläche heften und durch die Produktion extrazellulärer polymerer Substanzen (EPS) miteinander verbinden. Diese EPS bestehen unter anderem aus Proteinen, Polysacchariden, Lipiden und extrazellulärer DNA. Mit den richtigen Enzymen können diese Komponenten abgebaut werden, wodurch sich die Biofilmstruktur lockert und Mikroorganismen freigesetzt werden [2]. Da Enzyme jedoch nicht in der Lage sind, die freigesetzten Mikroorganismen abzutöten, können diese sich schnell wieder anheften. Außerdem bestehen Biofilme oft aus unterschiedlichen Mikroorganismen, was die EPS-Struktur noch komplexer und widerstandsfähiger macht. Diese Strukturen lassen sich ohne eine spezifische Enzymmischung nur schwer vollständig entfernen. Zwar können Standard-Enzymreiniger nicht alle Mikroorganismen aus einem Biofilm lösen, doch sie lockern die EPS-Struktur auf [3]. Dadurch kann ein Desinfektionsmittel leichter in den Biofilm eindringen und die Mikroorganismen abtöten [4].

 

Desinfektion mit HOCl

Die enzymatische Reinigung allein reicht nicht aus, um Mikroorganismen vollständig zu entfernen. Die freigesetzten Mikroorganismen können sich erneut anheften oder an anderer Stelle im Prozess zu Verunreinigungen führen. Daher bleibt die Desinfektion notwendig, um die Mikroorganismen abzutöten [3]. Dies geschieht durch die Zerstörung der Zellstrukturen und Stoffwechselprozesse der Mikroorganismen. Ein besonders wirksames Mittel hierfür ist HOCl, das als starkes Oxidationsmittel Bakterien, Viren, Pilze und Hefen abtötet [5]. Es wird auf nachhaltige Weise hergestellt und ist eine effektive Alternative zu Wasserstoffperoxid und Peressigsäure.

Innerhalb eines Biofilms sorgt die EPS dafür, dass Mikroorganismen widerstandsfähiger gegen Desinfektionsmittel sind. HOCl kann in die EPS eindringen und sie schwächen, doch es wirkt wesentlich schneller, wenn die enzymatische Reinigung die EPS-Struktur zuvor gelockert hat. Dadurch kann HOCl sofort tiefer eindringen und die Mikroorganismen vollständig eliminieren, ohne vorher den Biofilm abbauen zu müssen [5,6]. Dies verhindert das erneute Wachstum der Mikroorganismen und beugt Verunreinigungen vor.

 

Fazit: Verhältnis zwischen enzymatischer Reinigung und HOCl-Desinfektion

Da Enzymreiniger eine Wirkung auf Biofilme haben, wird manchmal fälschlicherweise angenommen, dass sie als Desinfektionsmittel dienen können. Dies ist nicht korrekt, da sie keine Mikroorganismen abtöten. Zudem sind sie nicht in der Lage, komplexe, multibakterielle Biofilme vollständig zu entfernen. Sie eignen sich jedoch zur Entfernung organischer Verschmutzungen und zum Auflockern der EPS-Struktur von Biofilmen. Dadurch erleichtern sie dem nachfolgenden Desinfektionsmittel das Eindringen in den Biofilm [4].

Durch die Kombination von enzymatischer Reinigung und HOCl-Desinfektion kann Biofilm effektiver entfernt werden. Diese Kombination bietet folgende Vorteile:

  • Gründliche Entfernung organischer Verunreinigungen und Abtötung von Mikroorganismen
  • Effektive Zersetzung von Biofilmen und Verhinderung erneuter Kontamination
  • Reduzierung des Infektionsrisikos und Verbesserung der Hygiene
  • Geringere Störungen industrieller Prozesse
  • Nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Desinfektionsmethoden

Ist eine enzymatische Desinfektion möglich?

Eine Reihe von Enzymen ist für ihre bakterientötenden Eigenschaften bekannt. Enzyme wie Lysozym sind in der Lage, die Proteine in der Zellwand abzubauen. Es gibt auch Enzyme, die oxidativen Stress verursachen, der zum Zelltod führt. Dennoch gibt es hier einige Bedenken.

Einige Engpässe sind:

  • Die Forschung über Rückstände ist spärlich.
  • Literatur zur Wirksamkeit ist nicht auffindbar.
  • Die enzymatische Desinfektion ist bei niedrigen Temperaturen weniger wirksam.
  • Die antimikrobielle Wirksamkeit hängt von der Herkunft des Enzyms ab.

Mehr dazu in dem Bericht Alternative methods of disinfection applied in animal transport equipment and in the meat processing industry von RIVM.

In den Niederlanden sind nur vom Ctgb zugelassene und auf EU-Ebene gemäß der Biozid-Verordnung (EU 528/2012) über die ECHA registrierte Desinfektionsmittel erlaubt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die enzymatische Desinfektion zur Verwendung zugelassen ist.

Referenzen

  1. https://www.cdc.gov/infection-control/hcp/disinfection-sterilization/cleaning.html
  2. Stiefel P, Mauerhofer S, Schneider J, Maniura-Weber K, Rosenberg U, Ren Q.2016.Enzymes Enhance Biofilm Removal Efficiency of Cleaners. Antimicrob Agents Chemother60:.https://doi.org/10.1128/aac.00400-16
  3. Nahar, Shamsun & Mizan, Md & Ha, Angela & Ha, Sang-Do. (2018). Advances and Future Prospects of Enzyme-Based Biofilm Prevention Approaches in the Food Industry. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety. 17. 10.1111/1541-4337.12382. 
  4. Pant, K. J., Cotter, P. D., Wilkinson, M. G., & Sheehan, J. J. (2023). Towards sustainable Cleaning-in-Place (CIP) in dairy processing: Exploring enzyme-based approaches to cleaning in the Cheese industry. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety, 22, 3602–3619. https://doi.org/10.1111/1541-4337.13206
  5. Aherne, O., Ortiz, R., Fazli, M. M., & Davies, J. R. (2022). Effects of stabilized hypochlorous acid on oral biofilm bacteria. BMC oral health, 22(1), 415. https://doi.org/10.1186/s12903-022-02453-2
  6. Cloete, T. E. The effect of anolyte and a combination of anolyte and catholyte on biofilms.

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Jantiena Lamberink

Über den Autor

Jantiena Lamberink

Jantiena ist Mikrobiologin bei Watter und konzentriert sich speziell auf wissenschaftliche Forschungen in unserer Forschungsabteilung. Sie überwacht die Gesundheit von Nutztieren und trägt zu diversen spannenden Forschungsprojekten bei. Jantiena führt Hofbesuche durch und gibt aufgrund ihrer Fachkenntnisse Ratschläge zu unseren Desinfektionslösungen. Durch ihre Arbeit spielt sie eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Wirksamkeit und Anwendbarkeit unserer Lösungen in realen landwirtschaftlichen Umgebungen.